Die Kabarets:
Moulin Rouge - Lido - Crazy Horse - Paradis Latin
Der Pariser "Amüsierbetrieb" hat sich gewandelt
"Das Pariser Cabaret, einst Paradies von Nachtschwärmern und Symbol für
Anrüchiges,
hat sich in einen straff organisierten, nach betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen
geführten
Amüsierbetrieb verwandelt, zu dessen Kunden neben asiatischen Touristen und
amerikanischen Geschäftsleuten inzwischen auch europäische Familien mit
Kindern gehören" - so beschreibt die FAZ in ihrer Ausgabe vom 5.1.2002
den Wandel in den Kabarets Moulin Rouge, Lido, Paradis Latin und
Crazy Horse.
Ein vermeintlich "biederes Spektakel..." jenseits der Sexshows des
Pigalle
Diese vier Betriebe des Pariser Unterhaltung haben mit Prostitution, Bordellen oder
billigen Sex-Shows nichts gemein. Es würde - so die Analyse der FAZ - durch
die Beschränkung auf ein- nach heutigen Vorstellungen - "biederes Spektakel"
eine andere Zielgruppe angesprochen. Damit konnten diese vier auch im Ausland bekannten
Häuser, die von den zahlreichen Cabarets übrig gebliegen sind, den drohenden
Niedergang abwenden.
Das
Folies-Bergere hat schon längst keine Revue mehr im Programm und bietet
statt "Tanz und Flitter" Konzertveranstaltungen. Das von einem Deutschen
geführte Nouvelle Eve bliebe für mehrere Monate im Jahr geschlossen.
Der Cancan als proletarischer Protest gegen die viktorianische Ethik
Seine Wurzeln hat das Pariser Cabaret in den Auftritten von Sängern und Artisten
im 19. Jh. in den Cafes des früheren Künstlerviertels Montmartre. Der Cancan
als proletarischer Protest gegen den viktorianische Geist:
Angeblich ist der French Cancan der "künstlerische Ausdruck einer Bewegung
Pariser Frauen aus den ärmeren Schichten", die als "Protest gegen
die prüde viktorianische
Ehtik ihrer Epoche zur Musik von Offenbach laut kreischend auf der Straße hüpften.
Dabei
schlugen sie ihre Röcke auf, um das Bürgertum zu provozieren". (Q:
FAZ 2/1/02)
Das Striptease erfunden
Die Erfindung des Striptease soll angeblich auf einen ausgelassenen Abend im Moulin
Rouge zurückgehen. Bei einem Abschlußball von Kunststudenten soll zwischen
den Tänzerinnen und den Freundinnen der Studenten ein Streit darüber ausgebrochen
sein, wer das schönste Mädchen im Saale sei. Dabei soll "eine Tänzerin
kurzerhand auf einen Tisch gesprungen sein und sich ausgezogen haben." Seitdem
würden die Auftritte der nur spärlich bekleideten Tänzerinnen zum
Standardrepertoire des Cabarets gehören, kolportiert die FAZ. Die "Diner-Revue",
das Abendessen vor Beginn des Spektakels, "geht auf die frühe Glanzzeit
des Cabarets zurück."
Hoher Frauenanteil im Publikum
Seit den Auftritten von Maurice Chevalier treten in den meisten Cabarets
nun auch männliche Tänzer auf.
Kritisiert wird an den Kabarets das diese z.T. nur noch "Tonnen von Kostümen"
vorführen und mit dem Programm kaum noch jüngeres Publikum ansprechen.
Der Anteil von Frauen unter den Besuchern ist jedoch in den letzten Jahren kräftig
gestiegen und liegt bei fast 50%.
Von den Konkurrenten, wie dem Musiktheater Casino de Paris, wird das Konzept
der Cabarets als "altmodisch" bezeichnet. Inzwischen stehen die Shows -
mit recht hohen Eintrittspreisen - in direktem Konkurrenzverhältnis anderen
Pariser Freizeitangeboten, wie Kino, Fernsehen und Konzerten.
Das Lido
Das neben dem Moulin Rouge außerhalb Frankreichs bekannteste Revuetheater ist
nach dem Strand von Venedig benannt und betreibt mit 1100 Plätzen den größten
und modernsten Saal und die wohl aufwendigste Show mit den farbenprächtigsten
Kostümen.
"An Stelle von Straußenfeder und Straß treten moderne Kostüme,
eine aufwendige Laserschow und eine komplizierte Bühnentechnik" so die
FAZ.
Neue Strategien um Besucher zu gewinnen
Gegründet wurde das Lido 1946 von den Brüdern Clerico. Es liegt auf den
Champs-Elysees und verkörpert damit "das geschäftige, moderne,
internationale und etwas sterile Paris der berühmten Prachtstraße".
Im Winter führt das Lido ein auf einem Märchen basierendes Programm für
Kinder auf, um auch eine andere Zielgruppe zu gewinnen.
Um Gäste zu gewinnen wird inzwischen auf kulinarische Qualität geachtet.
Der französiche Küchenchef Paul Bocuse ist für die Menüs
verantwortlich.
Das Moulin Rouge
Wichtigster Konkurrent des Lido ist das Moulin Rouge am Fuß des Montmartre,
das Mitte der 90er Jahre Konkurs angemeldet hatte. Mit neuem Management und Konzept,
das vor allem auf Franzosen als Publikum abzielt (jetzt 50% der Besucher, 3-4% aus
USA und Japan) sind,
hat das Haus mit 850 Plätzen seinen Umsatz seit 1999 von 20 auf 30 Millionen
Euro gesteigert. (FAZ 5.1.02).
Die
französischen Besucher hat das Haus vor allem durch eine bessere Küche
gewonnen, indem es einen rennomierten Küchenchef eingestellt hat.
Der Preis für ein Paket aus Abendessen und einem Besuch der Revue liegt zwischen
100 und 130 Euro.
Der Anspruch des Hauses, mit seiner bis 1889 zurückreichenden Tradition ein
Stück Pariser Geschichte zu vertreten, ist nach Ansicht der FAZ fragwürdig:
"Das Wahrzeichen des Cabarets, das große rote Mühlrad, dreht sich
vor der Kulisse eines Montmartre, der längst kein Künstlerviertel ist,
sondern ein Touristenziel wie das nahe gelegene Rotlichtviertel an der Pigalle",
mit der Nachbarschaft von Sexshops und Peepshows. Die mittlerweile doch recht kitschigen
Shows im Moulin Rouge hatten Ihre beste Zeit wohl mit Piaf, Montand und Sinatra.
Das Pardies Latin
Das Revuetheater, mit einem von Gustave Eiffel entworfenen Saal für 700 Personen,
wurde 1889 gegründet und ist das älteste heute noch existierende Cabaret
in Paris. Nach einer Zeit als Lagerhalle wurde es in den 70ern wiederbelebt.
Mit seiner für Touristen ungünstigeren Lage am linken Seineufer zwischen
der Sorbonne und dem Gare d'Austerlitz hat es viele Firmen als Kunden und versucht
seine Nische mit einer familiäreren Atmosphäre und weniger Glamurösen
Shows als die Konkurrenz und zu finden.
Es hat 200.000 Besuchern pro Jahr und eine neue Revue "Paradis d'Amour"
bei dem auch die Kellner unversehens auf die Bühne springen "um ein lustiges
Lied zu singen" und zu dessen Standardrepertoir "die barbusigen Tänzerinnen,
eine kanadische Sängerin und der unvermeidliche Bauchredner" gehören.
(FAZ) Mit Diner kostet die Revue 105 Euro, ohne Abendessen 70 Euro.
Das Crazy Horse
Der amerikanische Sänger Bing Crosby hätte zu dem inzwischen verstorbenen
französischen Kunsthändler Alain Bernardin angeblich gesagt: "Solange
sich deine Mädels nicht ausziehen, wird das nichts" kolportiert die FAZ
die intellektuellen Anfänge des Crazy Horse, als dieses in den 50er Jahren noch
ein Saloon nach amerikanischem Vorbild war.
Daraus habe der damalige Geschäftsführer seine "Philosopie des L'Art
Nu, der Kunst des Nackten" entwickelt, die inzwischen von seinen Nachfolgern
weitergeführt wird.
Es gäbe keine Eisfläche, wie im Lido, kein Wasserbassin wie im Moulin Rouge
und kein Hochseil wie im Pradies Latin. In keinem anderen Kabaret würden die
Gäste so nahe an der Bühne sitzen. Sechzehn junge Frauen, "die auf
einer Bühne kaum bekleidet zu alten und neuen Klängen tanzen", würden
in dieser Show nur kurz von einem Bauchredner und einem Zauberer unterbrochen.
"Die Sparsamkeit der Mittel" erlaube die "Beschränkung auf das
Wesentliche" wird der damalige Chef des Crazy Horse zitiert, der um die Welt
reiste um die besten und schönsten Tänzerinnen für sein Cabaret zu
gewinnen.
Zielgruppe des Programms waren lange Zeit internationale Geschäftsleute, die
in den Hotels auf der rechten Seite der Seine logierten. Das Haus hat bei einer Kapazitätsauslastung
von 60% rund 100.000 Besucher pro Jahr. Inzwischen sitzen unter den Gästen viele
Franzosen und Paare. Es gibt eine "Diner-Revue", wobei die Gäste nicht
im Cabaret essen, sondern in zwei daneben gelegenen Restaurants.
10 Millionen Euro für eine Show
Der "Markt" für die Pariser Cabarets habe sich grundlegend geändert,
konstantiert die FAZ.
Früher wurde eine Revue 15 Jahre lang unverändert aufgeführt.
Heute haben die Shows, die mit anderen Unterhaltungsformen konkurrieren, eine Lebensdauer
von maximal 6-8 Jahren. In die Häuser wie das Casino de Paris oder
die Folies-Bergere kaufen sich inzwischen Medienkonzerne ein, mit denen
die anderen Häuser um Besucher konkurrieren. Die Vorbereitung einer Revue in
den großen Häusern wie dem Lido oder dem
Moulin Rouge dauert rund 2 Jahre, die Realisierung kostet nahezu 10 Millionen Euro.
(Quelle: FAZ vom 2.1.2002)
ADRESSEN:
Bal du Moulin Rouge - Montmartre
82, Boulevard de Clichy -
Place Blanche - 75018 Paris
Tel.: 01 5309 8282 -
Fax: 01 4223 0200
Lido de PARIS
116 Av. Champs-Elysees
Tel.: 01 40 76 56 10
Le Crazy Horse
12, avenue George V, Paris 75008
Metro: M° George V
Tel.: 0147233232
Paradis Latin
28, rue du Cardinal Lemoine
Metro: Cardinal Lemoine
Tel.: 0143252828
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